Die Liebfrauenkirche gleich neben dem Dom hat einen völlig anderen Charakter: Als die antiken Mauern baufällig wurden, begann man im Mittelalter mit dem Bau einer neuen Kirche im Baustil der Gotik, einer damals ganz modernen und revolutionären Architektur, die in Frankreich ihren Ursprung hatte. Himmelwärts strebend, offen und hell sollten nun die Gotteshäuser sein. War für die Gebäudekonstruktion früher noch massives Mauerwerk notwendig, wurden die Außenmauern nun aufgebrochen und mit großen Fensterflächen durchsetzt – eine technische Meisterleistung zur damaligen Zeit! Die Gotik entsprach ganz dem Geist der Zeit, in der die persönliche Zwiesprache des Einzelnen mit Gott stark in den Vordergrund rückte. Die schlanken Mauern streben - sozusagen - wie die Seele zu Gott. In der mittelalterlichen Mystik fand diese tiefe und sehr persönliche Ausrichtung zu Gott einen ganz besonderen Ausdruck.
Der Grundriss der Trierer Liebfrauenkirche ist einer Rose nachempfunden – der sog. Rosa Mystica, einem Symbol für die Gottesmutter Maria, der die Kirche geweiht ist. Fertig gestellt wurde das Gotteshaus circa 1260. Am Bau beteiligt waren Baumeister und Künstler aus der Champagne und der Île de France. Die Liebfrauenkirche zählt wie der Dom zum Welterbe der UNESCO und gilt zusammen mit der Elisabethkirche in Marburg als älteste gotische Kirche in Deutschland. Sie stellt den bedeutendsten und frühesten gotische Zentralbau des Landes dar.