In Trier an der Mosel ragt noch immer der Thronsaal von Kaiser Konstantin dem Großen und seiner Nachfolger empor - ein imposantes Bauwerk und der größte noch erhaltene säulenlose Raum der Antike. UNESCO Welterbe, wie noch weitere römische Monumentalbauten der Stadt.
Stellen wir uns vor, ein hochrangiger Gesandter hat das Privileg, vor Kaiser Konstantin treten zu dürfen. Er reist nach Augusta Treverorum, in eine pulsierende Metropole in schöner, fast schon mediterran anmutender Flusslandschaft.
Von Schottland bis Marokko reicht die Macht der Kaiser, die hier residieren. Nicht nur die kaiserliche Familie und ihr Hofstaat leben in der Stadt, sondern auch ranghohe Beamte, berühmte Gelehrte und Philosophen, Bischöfe und Kirchenväter. Die Bevölkerung ist bunt gemischt aus Einheimischen, Römern, Germanen und Orientalen - ein anregendes und überaus intellektuelles „Multikulti“.
Ein ganzes Stadtviertel wurde extra für den Kaiser ausgebaut und erstreckt sich von den Kaiserthermen bis zur Basilika, seinem Empfangs- und Gerichtssaal. Hier muss unser Gesandter hin. Er tritt ein in die riesige Halle. 33 Meter über ihm schwebt die Decke. Rund 60 Meter weit vor ihm sitzt der Kaiser auf seinem Thron, erhaben in einem Halbrund. Vor ihm verströmt ein Weihrauchgefäß Wohlgerüche. Der Innenraum ist mit kostbarem Marmor, kunstvollen Mosaiken und Statuen ausgestattet und natürlich angenehm beheizt. Die Fenster sind verglast. Es ist, also ob unser Gesandter in das Innerste eines riesigen Tempels tritt. Und tatsächlich sieht sich Kaiser Konstantin als Verkörperung von Apollon-Helios, des Sonnengottes auf Erden und inszeniert sich auch so. Gekleidet ist er in purpurfarbene Seide, mit Gold bestickt. Überall funkeln Edelsteine, sogar auf den edlen Schuhen. Dies verleiht ihm einen besonderen, fast göttlichen Glanz. Auf dem Kopf trägt er ein kostbares Diadem. In der Hand hält er das Zepter.
Wie winzig muss sich unser Gesandter fühlen! Er durchschreitet den gesamten Raum bis zum Kaiser. Dort streckt er sich vor seinen Füßen nieder und küsst sein Purpurgewand. Der Kaiser reicht ihm wohlwollend seine rechte Hand und hilft ihm beim Aufstehen. Dann erteilt er ihm die Erlaubnis zu reden.
Was muss das wohl ein Mensch sein, der sich selbst so göttlich überhöht? Früher war es wohl ganz normal. Sogar der christliche Bischof Eusebius fand überhaupt nichts dabei, sondern sah darin einen durch die Tradition gerechtfertigten Ritus und einen Ausdruck der sakralen kaiserlichen Majestät. Sogar Konstantins Statue fand bei den Christen wie Nichtchristen Verehrung. Sie glaubten, er sei in seinem Abbild präsent, wenn sie ihm mit Opfer und Räucherwerk huldigten.